Wir wollen alle nachhaltig leben, aber was ist für die Umwelt wirklich sinnvoll und was nicht? Wusstest du, dass der beliebte Baumwollbeutel nicht unbedingt die beste Idee für deinen Einlauf ist? Hier sind 5 Umwelt-Mythen im Faktencheck.
1. Mythos: Baumwolltaschen sind ökologischer als Plastikbeutel
Plastiktüten haben keinen guten Ruf. Zu Recht. Aber Baumwolltaschen sind nicht automatisch ökologischer. Denn Baumwolle verbraucht bei der Herstellung viele Ressourcen und Energie. Beim Baumwollanbau werden so viele Pestizide eingesetzt wie in kaum einem anderen Bereich. Dazu kommt das Gewicht der Beutel, welches beim Transport die CO₂-Belastung in die Höhe treibt. Erst wenn eine Baumwolltasche mehr als 30-mal verwendet wurde, schneidet sie in der Ökobilanz besser ab als die klassische Wegwerf-Plastiktüte.
Weit günstiger stellen sich stabile Mehrweg-Plastikbeutel dar. Da diese oft zu 90 % aus recyceltem Material hergestellt sind, übertrumpfen sie die Ökobilanz der Wegwerftüte schon nach 5-maliger Verwendung.
Ganz schlecht sieht es übrigens mit Papiertüten aus: Für deren Herstellung sind schädliche Chemikalien notwendig, auch ihr Gewicht ist relativ hoch – und dann landen sie meist bereits nach wenigen Einsätzen auf dem Müll. Ein Vorteil zur Plastiktüte ist da nicht erkennbar.
Fazit: Viel verwendete Baumwolltaschen sind ganz gut. Zum nachhaltig leben sind aber stabile Mehrwegtaschen aus Plastik.
2. Mythos: Glasflaschen sind ökologischer als Plastikflaschen
Auch hier gilt: Plastik ist zwar ein Problem für die Umwelt, die Alternative ist aber nicht in jedem Fall besser. Denn Glasflaschen sind in der Herstellung extrem energieaufwendig. Zudem muss man für den Transport erneut das sehr viel höhere Gewicht einrechnen.
Somit erscheinen Mehrwegflaschen aus Glas zwar zunächst als die ökologisch günstigste Variante. Glasflaschen kann man nämlich bis zu 50-mal wieder auffüllen und das Mehrwegnetz ist in Deutschland, Österreich und der Schweiz recht engmaschig, was die Transportwege verkürzt.
Kauft ein Norddeutscher jedoch ein „Gebirgsquellwasser“ in der Glas-Mehrwegflasche, lässt sich aus ökologischer Sicht kein Vorteil mehr zur PET-Einwegflasche vom Discounter feststellen. Der weite Transportweg wird der schweren Glasflasche zum Verhängnis. Je kleiner die Flasche, umso ungünstiger fällt übrigens die Bilanz für Glas aus.
Aufgrund ihres niedrigeren Gewichts sind laut Institut für Energie- und Umweltforschung daher Mehrwegflaschen aus Plastik der Glasflasche überlegen, obwohl sie nur bis zu 25-mal wieder aufgefüllt werden können.
Einwegflaschen aus Glas – wie sie etwa für Essig, Ketchup oder Wein eingesetzt werden – fallen in der Ökobilanz übrigens ganz durch. Es sei denn, es handelt sich wirklich um regionale Produkte. Auch Gemüse im Glas ist bei differenzierter Betrachtung meist weniger nachhaltig als zum Beispiel Gemüse in Konservendosen.
Fazit: Glas spielt seine Vorteile erst dann aus, wenn die Transportwege kurz sind. Daher auf regionale Produkte achten.
3. Mythos: „Bio“ ist gesünder
Mit dem Label „Bio“ verbinden viele Menschen besonders gesunde Lebensmittel. Doch selbst der Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW) muss zugeben, dass bislang keine Studie einen direkten gesundheitlichen Vorteil von Bio-Produkten gegenüber konventionellen Lebensmitteln feststellen konnte. In Bio-Produkten finden sich zwar weniger Rückstände von ungesunden Stoffen. Aber solche Rückstände liegen auch bei konventionellen Lebensmitteln bereits in einem Bereich, der als gesundheitlich unbedenklich eingestuft wird.
Wer lieber auf Nummer sicher gehen will, der ist mit Bio-Produkten freilich gut beraten. Wichtig ist beim Thema Gesundheit allerdings vor allem der Lebensstil: eine ausgewogene Ernährung, wenig Fleisch, viel Bewegung, wenig Stress, nicht rauchen. Das gelingt in der Regel mit Bio-Produkten genauso gut wie ohne.
Bleibt noch die Frage nach den Nährstoffen und den indirekten Gesundheitseffekten: Bio-Obst und -Gemüse kommt häufig aus regionalem Anbau, da es nicht so lang gelagert werden kann. Dadurch sind die Lebensmittel oft frischer und enthalten mehr Nährstoffe. Die kürzeren Transportwege wirken sich zudem positiv auf die allgemeine Luftqualität aus. Dies trifft jedoch ebenso auf regionales Obst und Gemüse aus konventioneller Landwirtschaft zu.
Fazit: Im Prinzip kann man auch ohne Bio-Produkte gesund leben, wenn man auf die genannten Aspekte der Lebensführung achtet.
4. Mythos: „Bio“ schont Umwelt und Klima
Dieser Mythos stimmt zumindest zu einem Großteil. Denn ökologische Landwirtschaft benötigt für denselben Ertrag mehr Anbaufläche als konventionelle Betriebe. Die zusätzliche Fläche, die für Bio-Salat benötigt wird, könnte stattdessen zum Beispiel ökologisch sinnvoller für einen Wald genutzt werden. Auch die positiven Effekte bei Energieeinsatz und Treibhausemissionen werden durch die größere Anbaufläche zunichtegemacht.
Darüber hinaus wird immer wieder der Einsatz „natürlicher“ Schädlingsbekämpfungsmittel in der Ökolandwirtschaft kritisiert. Während chemische Mittel recht gezielt gegen bestimmte Schädlinge eingesetzt werden können, wirken Bio-Pestizide oft in der Breite. Damit können sie auch anderen Lebewesen auf den Feldern schaden.
Trotzdem behält die Ökolandwirtschaft im Vergleich mit konventionellen Betrieben die Nase vorn. Denn Bio-Bauern achten in der Regel auf robustere Sorten und mehr Vielfalt, wodurch insgesamt weniger Pestizide notwendig sind. Auch bei der Viehhaltung hat die Bio-Produktion Vorteile: Durch den Verzicht auf Massentierhaltung entsteht weniger Gülle pro Quadratmeter, was Böden und Gewässer schont. Dank der artgerechten Haltung bleiben die Tiere zudem gesünder und brauchen weniger Medikamente, die anschließend ins Grundwasser gelangen können. Und dass sich ein Rind lieber auf einer Wiese als in einem 2m2-Stall tummelt, kann sicher ebenfalls als Pluspunkt gewertet werden.
So richtig umweltschonend ist „Bio“ allerdings erst dann, wenn der Konsum von Fleisch sowie tierischen Produkten wie Milch, Eiern und Käse insgesamt zurückgeht. Denn trotz der Vorteile der ökologischen Landwirtschaft liegt die Zahl der Nutztiere, die benötigt werden, um die derzeitige Nachfrage in den westlichen Ländern zu stillen, immer noch um ein Vielfaches über einem umwelt- und klimaverträglichen Wert.
Fazit: Bio-Label haben ihre Berechtigung. Die Probleme, die aus der intensiven Nachfrage nach tierischen Lebensmitteln entstehen, können sie jedoch nicht gänzlich ausgleichen.
5. Mythos: E-Autos haben die beste Ökobilanz
Um die Vorteile von E-Auto, Benziner oder Diesel herrscht ein hitziger Streit. Auch hier liegt die Ursache darin, dass die Ökobilanz sich aus sehr vielen Faktoren berechnet. Für ein – im Vergleich zu einer Glasflasche oder Baumwolltasche – äußerst komplex aufgebautes Produkt wie ein Auto gilt das um einiges mehr.
Denn bekanntlich kommt der Strom, mit dem E-Autos fahren, nicht einfach so aus der Steckdose. Stammt der Strom hauptsächlich aus Kohlekraftwerken, sieht es mit den CO2-Emissionen von E-Autos recht düster aus. Außerdem benötigt die Herstellung der Akkus viel Energie und seltene Erden, deren Abbau höchst umweltschädlich ist. Ebenso bedenklich sieht es mit der Entsorgung alter Akkus aus.
Herstellung, Effizienz, Leistung, direkte und indirekte Emissionen, Lebensdauer, Nutzungsart, Infrastruktur und Verwertung müssen also in die Rechnung aufgenommen werden. Gleichwohl kommen die meisten Studien unterm Strich zu dem Ergebnis, dass E-Autos eine günstigere Ökobilanz aufweisen als Benziner oder Diesel. Dafür müssen aber zwei Umstände gegeben sein: Zum einen muss die Umstellung auf erneuerbare Energien gelingen und zum anderen darf der Verkehr nicht weiter zunehmen. Es steht nämlich zu befürchten, dass viele Menschen in dem Glauben, in ein „sauberes“ Fahrzeug zu steigen, das E-Auto auch für kürzere Strecken nehmen, für die sie sonst öffentliche Verkehrsmittel oder das Fahrrad genutzt hätten.
Das Bundesumweltministerium kommt entsprechend zu dem Fazit: „Elektrofahrzeuge sind kein Allheilmittel, um den Straßenverkehr klima- und umweltfreundlich zu gestalten. Eine lebenswerte Stadt braucht nicht zuletzt mehr öffentliche Verkehrsmittel, mehr Radverkehr und kurze Wege zwischen Arbeiten, Wohnen und Versorgung.“
Fazit: Innerorts lieber Fahrrad fahren, als auf E-Mobilität umsteigen.
Eine nachhaltigere Lebensweise ist ein wichtiger Schritt, um Umwelt und Klima zu schonen. Dabei ist es jedoch wichtig, keine vorschnellen Urteile zu fällen, sondern sich bewusst zu machen, wie der persönliche Beitrag zu mehr Nachhaltigkeit wirklich aussehen kann.
In vielen Fällen sind etwas mehr Zurückhaltung beim Konsum, der Griff zu frischen, regionalen Lebensmitteln sowie der gute alte Drahtesel nämlich noch besser als alle „Öko“-Labels zusammen.
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Quellen: geo, zeit, ergobag, quarks
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