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Kassenbonpflicht: sinnvoll oder Behördenblödsinn?

Ziviler Ungehorsam

Wer einmal in Italien Urlaub gemacht hat, kennt die Situation: Für jedes Brötchen, für jede Kugel Eis und jede Zeitung bekommt man dort einen Kassenzettel überreicht. In aller Regel verschwindet der sofort im nächsten Mülleimer. Österreich, Belgien und andere Länder zogen in den letzten Jahren nach.

Doch was hierzulande bislang nur für Kopfschütteln sorgte, wird ab 1. Januar 2020 auch in Deutschland Realität: Die Bonpflicht kommt. Das bedeutet, dass selbst für den kleinsten Einkauf ein Kassenzettel ausgedruckt werden muss. Zahlreiche Experten warnen bereits vor einem bürokratischen, aber auch ökologischen Irrsinn, der damit verbunden sei: „Im Einzelhandel in Deutschland rechnen wir mit mehr als zwei Millionen Kilometern zusätzlicher Länge an Kassenbons im Jahr“, merkt zum Beispiel Ralph Brügelmann vom Handelsverband Deutschland (HDE) an. Allein Rewe rechnet mit 632 Tonnen zusätzlichem Papierverbrauch pro Jahr.

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Mittelständische Unternehmen wie Bäckereien, Metzgereien oder Kioske, bei denen pro Tag unzählige günstige Produkte über die Ladentheke wandern, trifft die Neuregelung besonders stark. Das zeigte jüngst ein Selbstversuch der Bäckerei Tenk-Bomkamp im Münsterland. Zwei Tage lang druckte sie unerbittlich alle Kassenbons aus – so wie es das Gesetz ab Januar vorschreibt. Am Ende stellte sich heraus: Kaum ein Kunde wollte die Zettel haben, stattdessen ringelte sich vor dem Tresen eine unendliche Schlange aus nicht recyclingfähigem Thermopapier.

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Auch die Bäckerei Frick aus Weingarten reagierte mit beißendem Spott auf die kommende Kassenbonpflicht, indem sie auf Facebook einen digitalen Aushang für ihre Kunden teilte. Darin schreibt sie:

„Liebe Kunden,
ab dem 01.01.2020 sind wir verpflichtet, für jeden Bezahlvorgang einen Kassenbon zu erstellen. Auch wenn Sie den gar nicht möchten. Wir müssen diesen ausdrucken.
Da manipulationssichere Kassensysteme für uns vorgeschrieben sind, ist dieses Gesetz jetzt um so unverständlicher.
Noch unverständlicher wird es, wenn man feststellt, dass in Zeiten des Klimawandels für die Papierproduktion dieser Bons umgerechnet pro Stunde eine Fichte gefällt werden muss.
Da aber ziemlich alle am Markt erhältlichen Bondrucker mit chemisch behandeltem Thermopapier arbeiten, dürfen diese Bons nicht im Papiermüll entsorgt werden.
Vielleicht wären Sie so freundlich, Ihre Bons trotzdem mitzunehmen. Vielleicht sammeln Sie diese auch zu Hause.
Und wenn Sie genügend Bons angesammelt haben, stecken Sie diese doch bitte bei einem Abendspaziergang einfach in den Briefkasten des örtlichen Finanzamtes.
Der ist groß genug.
Und somit dürfen auch die sich mit dem Sondermüll beschäftigen, die ihn auch in Auftrag gegeben haben.
Besten Dank für Ihre Mithilfe.“

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Natürlich ist der Aufruf nicht ernst gemeint. Das Anliegen hinter dem Appell ist es aber schon: Ist eine ausnahmslose Bonpflicht tatsächlich sinnvoll? Selbst einige Spitzenpolitiker sind da skeptisch. Das Finanzministerium bleibt in der Frage jedoch hart: Die Kassenbonpflicht werde ohne Abstriche am 1. Januar 2020 in Kraft treten. Der Finanzminister will mit ihr nämlich gegen Steuerbetrug vorgehen. Es könne nicht sein, dass dem Fiskus jährlich Milliarden an Mehrwertsteuereinnahmen entgingen, weil Umsätze nicht lückenlos abgerechnet würden.

So wundert es nicht, dass einige Kommentare unter dem Facebook-Post der Weingartener Bäckerei empfehlen, die Bons gleich direkt nach Berlin an Finanzminister Scholz zu senden. Andere weisen darauf hin, dass die Politik sich lieber um die immer noch existierenden Steuerschlupflöcher von Großanlegern und Spekulanten kümmern solle, als sämtliche kleinen und mittelständischen Unternehmer unter Generalverdacht zu stellen.

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Andererseits gibt es auch Kommentare, dass sich zum einen in Italien und in anderen Ländern niemand mehr über die Bonpflicht aufrege und auch der bürokratische Aufwand sich in Grenzen halte. Zum anderen gebe es schon jetzt Alternativen zum umweltschädlichen Thermopapier: Manche Supermärkte bieten an, die Kassenbons per E-Mail an den Kunden zu übermitteln. Voraussetzung dafür ist allerdings entweder ein Kundenkonto beim Händler oder die Zahlung per Smartphone-App. Ob Umweltschutz jedoch zulasten des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung gehen dürfe, betrachten Datenschützer mit Skepsis. Und was Italien anbelangt: Dort gibt es spezielle Kassensysteme, die direkt mit dem Finanzamt abrechnen – was allerdings wiederum keine Garantie gegen Schwarzhandel ist.

Die Kassenbonpflicht: Ein probates Mittel für mehr Steuer-Fairness oder schlichter Behördenblödsinn, den man sich nicht gefallen lassen sollte? Was sagst du zum Aufruf der Bäckerei Frick?