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Antiautoritäre Erziehung: Entscheidungen nach dem Lustprinzip

Kinder, deren Eltern die antiautoritäre Erziehung verfolgen, gelten als flegelhafte Egoisten. Doch was steckt wirklich hinter dieser Erziehungsform?

Eine Mutter sitzt am Tisch, während ihre zwei Söhne auf den Stühlen stehen und Grimassen machen.
© IMAGO / photothek

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In den 1960er- und 1970er-Jahren entstand eine Erziehungsphilosophie, die sich deutlich von dem bis dahin geläufigen autoritären Erziehungsstil absetzen wollte. Die antiautoritäre Erziehung gibt Kindern größtmöglichen Freiraum für deren individuelle Entwicklung. Doch bedeutet dies, dass die Kinder alles machen dürfen, was sie wollen?

Grundsätzlich unterscheidet man diese acht Erziehungsformen:

Streng genommen handelt es sich bei der antiautoritären Erziehung nicht um einen bestimmten Stil, sondern vielmehr um eine umfassende und theoretisch begründete Erziehungsphilosophie, der explizit pädagogische Ziele, Normen und Leitbilder zugrunde liegen.

Definition: Antiautoritäre Erziehung

Eine Mutter sitzt am Tisch, während ihre zwei Söhne auf den Stühlen stehen und Grimassen machen.
Dieses Bild hat man von antiautoritär erzogenen Kindern – doch entspricht das der Realität? Foto: IMAGO / photothek

Die Kinder laufen über Stühle und Tische, nehmen sich, was sie wollen, und veranstalten ein Schreikonzert, wenn ihre Wünsche nicht erfüllt werden. Ist von antiautoritärer Erziehung die Rede, haben die meisten Menschen ein festes Bild von unerzogenen, undankbaren und egoistischen Kindern im Kopf, die ihren Eltern auf der Nase herumtanzen. Doch stimmt das?

Der damaligen Studentenbewegung ist es zu verdanken, dass die autoritären Erziehungsformen aufgebrochen wurden und das Wohl des Kindes stärker in den Fokus rückte. Galten die Kinder zuvor noch als persönliches Eigentum der Eltern, deren Willen sie sich unterordnen mussten, bekamen die Kinder in der antiautoritären Erziehung nun mehr Freiraum, ihren Wünschen und Vorlieben nachzugehen, und sich zu eigenständigen Individuen zu entwickeln.

Die antiautoritäre Erziehung lässt es zu, dass Kinder schon früh Entscheidungen selbst treffen. Es gibt zwar keine strengen Regeln oder Vorschriften, da das Kind in seiner Entfaltung nicht eingeschränkt werden soll, jedoch ist die antiautoritäre Erziehung auch nicht völlig frei davon. Anders als bei der Laisser-faire Erziehung treten die Eltern den Kindern keinesfalls gleichgültig gegenüber. Stattdessen unterbreiten antiautoritär erziehende Eltern ihren Kindern viele Vorschläge, Anregungen und Alternativen, um sie in ihrer Entscheidungsfindung zu unterstützen. Die Kinder handeln meist nach dem Lustprinzip und können sich so in ihrem Alltag ohne feste äußere Grenzen völlig frei entfalten. Die Konsequenzen dieser Entscheidungsfreiheit müssen die Kinder selbst tragen.

Eine antiautoritäre Erziehung zeichnet sich durch eine Kommunikation auf Augenhöhe aus. Kinder haben das gleiche Mitspracherecht wie die Erziehenden, ein freundliches und respektvolles Miteinander bildet die Grundlage.

Merkmale

ein frecher blonder Junge tobt im Wohnzimmer
Antiautoritär erzogene Kinder treffen Entscheidungen nach dem Lustprinzip. Foto: IMAGO / photothek
  • Das Kind ist ein gleichwertiges Mitglied der Familie, es gibt keine Hierarchien.
  • Es gibt durchaus klare Regeln und Grenzen, die dem Kind bekannt sind, es aber in seiner Selbstentwicklung nicht einschränken.
  • Die Kinder werden zu nichts gezwungen, sie handeln größtenteils nach dem Lustprinzip.
  • Die Eltern verhalten sich freundlich und wertschätzend.
  • Die Eltern unterbreiten Vorschläge und Angebote.
  • Das Kind darf selbst Verantwortung übernehmen und muss auch die Konsequenzen seiner Entscheidungen selbst tragen.
  • Eine Kommunikation auf Augenhöhe ist das A und O.
  • Die Eltern respektieren die Wünsche und Bedürfnisse des Kindes.

Auswirkungen

Junge mit Gitarre steckt genervt die Zunge raus
Wenn in der Erziehung keine Grenzen gesetzt werden, wirkt sich das negativ auf die Entwicklung von Kindern aus. Foto: stock.adobe.com – Pixelkram

Kinder, die antiautoritär erzogen werden, zeichnen sich dadurch aus, dass sie sehr selbstbewusst und kreativ sind und ein Verantwortungsbewusstsein für ihr Handeln entwickeln. Allerdings tendieren sie mitunter auch zu egoistischem Verhalten und haben Schwierigkeiten, sich in einem sozialen Umfeld zurechtzufinden. Wenn komplett auf Regeln verzichtet wird – was eigentlich in der antiautoritären Erziehung so nicht vorgesehen ist – haben Kinder später große Probleme, sich festen Strukturen, wie sie in Schule und Berufsleben vorkommen, zu beugen.

Kinder, die gelernt haben, dass einzig und allein ihr Wille wichtig ist, ecken im späteren Leben oft an und zeigen wenig Rücksicht für die Wünsche und Bedürfnisse anderer. So können sie zu Außenseitern werden, die kaum kompromissbereit sind.

Fazit

Junge wirft auf dem Spielplatz mit Sand
Die eigene Freiheit endet dort, wo die Freiheit eines anderen beschnitten wird. Foto: stock.adobe.com – Photocreatief

Heutzutage gibt es diese Erziehung in ihrer Reinform nur noch selten. Doch auch wenn die antiautoritäre Erziehung oftmals zu Unrecht mit dem kompletten Verzicht auf Regeln und Strukturen gleichgesetzt wird, hat sie durchaus positive Aspekte, die in der modernen Erziehung oft Verwendung finden. So ist beispielsweise das Mitbestimmungsrecht ein wichtiger Punkt, um eigene Bedürfnisse zu entwickeln und sich Ziele zu setzen.

Und auch, dass Kinder als gleichberechtigte Familienmitglieder angesehen werden, stärkt die Kinder in ihrer Persönlichkeitsentwicklung. Jedoch müssen Kinder auch lernen, dass die eigene Freiheit dort endet, wo die Freiheit eines anderen beschnitten wird.

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Quelle: hellofamily.ch, profiling-institut.de, eltern.de, kindererziehung.com, kita.de
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