Beißender Wind, nasser Schneematsch und frostige Böden: Während dies für die meisten Menschen einfach nur unangenehm ist, stellt es für Obdachlose ein ernstes Problem dar. In solchen Situationen ist es besonders wichtig, dass Passanten nicht einfach an ihnen vorbeigehen. Wenn du einen Obdachlosen entdeckst, der möglicherweise Hilfe benötigt, solltest du jedoch niemals die Polizei rufen. Diese Vorgehensweise wird von jemandem empfohlen, der selbst einmal obdachlos war. Wir erklären dir warum.
Frierenden Obdachlosen im Winter helfen: Niemals die Polizei rufen!
Jedes Kind lernt, dass die Polizei „dein Freund und Helfer“ ist. Sie sorgt dafür, dass wir sicher und geborgen leben können. Die Arbeit der Polizei ist von unschätzbarem Wert. Doch es gibt Gründe, sie in manchen Fällen lieber außen vor zu lassen. Darauf weist eine Twitter-Nutzerin mit dem Pseudonym jeyjey eindringlich hin. Für Obdachlose könne ein Hilferuf bei der Polizei nämlich fatal ausgehen. Gerade im Winter.
Und jeyjey weiß, wovon sie spricht – immerhin war sie selbst einmal obdachlos. Auf Twitter schreibt sie:
„WICHTIG!!! Ich las von einer Person, die einen Tweet absetzte, dass man auf Obdachlose achten soll und lieber einmal mehr als zu wenig die Polizei rufen soll. Als ehemals Betroffene kann ich dazu nur sagen: NEIN, NEIN, NEIN!!! KEINE POLIZEI!“
jeyjey versteht, dass manche Menschen gegenüber Obdachlosen Berührungsängste haben. Anstatt die Obdachlosen selbst anzusprechen, ob sie Hilfe brauchen, würden sie daher die Polizei rufen. Genau dies sei jedoch falsch. Dafür nennt jeyjey zwei Punkte.
Zum einen ist Polizei gewohnt, für öffentliche Ruhe und Ordnung zu sorgen:
„Die Polizisten helfen in den seltensten Fällen. Meistens gibt es Platzverweise. Eben weil die Polizei verhindern will, dass sich Passanten wegen schlafenden Obdachlosen Sorgen machen und ständig anrufen.“
Die Suche nach geeigneten Plätzen ist für Obdachlose im Winter aber sehr schwierig. Selten lassen sie sich an einem Ort „einfach so“ nieder.
Der zweite Punkt betrifft den Konsum von Alkohol und Drogen. Aus Sicht der Polizei ist der unter Obdachlosen verbreitete Missbrauch solcher Substanzen ein Ärgernis. Sie werden den Obdachlosen daher für gewöhnlich weggenommen. Einen Süchtigen bei Eiseskälte auf Entzug zu setzen, sei jedoch lebensgefährlich, gibt jeyjey zu bedenken:
„Wenn der Person dann die Substanzen weggenommen werden und man dann in der Kälte auch noch schwer entzügig rumliegt, kann das für den Kreislauf schnell gefährlich werden.“
Das Argument, die Obdachlosen könnten im Winter ja auch Notunterkünfte besuchen, lässt jeyjey nicht gelten:
„Die meisten Obdachlosen wissen, wo sie Hilfe bekommen. Viele nehmen die Angebote nicht in Anspruch. Dafür gibt es gute Gründe. Bei Notunterkünften zum Beispiel zu früher Einlass, Verbot von Tieren, Gewalt und Diebstähle untereinander, Taschenkontrollen (für Abhängige ein großes Problem) u. v. m.“
Stattdessen hat sie einen anderen Tipp:
„Sprecht mit den Menschen! Fragt, was sie brauchen. Ob sie wissen, wo sie Hilfe bekommen. Versucht nicht, sie zu irgendwas zu überreden. Auch Obdachlose haben das Recht auf Autonomie. Und vor allem: Im Zweifelsfall 112 (RTW) rufen, niemals die 110 (Polizei). DANKE!“
Selbst in einer Gesellschaft mit allgemeinem Wohlstand gibt es Menschen, die das Leben aus der Bahn geworfen hat. Insbesondere im Winter verdient die schwierige Situation von Obdachlosen daher unsere Aufmerksamkeit. Leider scheint die Polizei für die Bedürfnisse dieser Menschen nicht immer ausreichend sensibilisiert zu sein. Auch wenn das sicher nicht für alle Polizisten gilt, solltest du daher lieber den Rettungswagen oder den örtlichen Kältebus rufen, wenn du den Verdacht hast, dass ein Obdachloser akut Hilfe benötigt.
Tipps, wie du Obdachlosen im Winter helfen kannst
Wenn du Obdachlosen im Winter helfen willst, hast du folgende Möglichkeiten:
- Pfand: Viele Menschen zögern, Obdachlosen Pfandflaschen oder Kleingeld zu geben. Aber das Geld ermöglicht den Bedürftigen, frei zu entscheiden, was sie im Moment wirklich brauchen – selbst wenn es Alkohol ist.
- Kleiderspenden: Hilfsorganisationen wie das Deutsche Rote Kreuz, die Caritas oder die Diakonie sammeln Kleiderspenden für Bedürftige. Frage am besten vorher nach, was benötigt wird. In der Regel sind das jedoch vor allem Schlafsäcke, dicke Jacken und Mäntel, Handschuhe, Socken und Unterwäsche. Die Sachen sollten in gutem Zustand sein.
- ÖPNV-Ticket: In der S-Bahn können sich Obdachlose aufwärmen und sich vor Regen und Schnee schützen. Mit einem gültigen Ticket machen sich die Bedürftigen nicht strafbar.
- Hygienebeutel: Sammle in einem Beutel Zahnpasta, Zahnbürste, Duschgel, Rasierer, Hautcreme, Pflaster, Taschentücher und Tampons oder Binden. Körperpflege ist gerade im Winter wichtig, da das Immunsystem geschwächt ist und sich Krankheiten und Infektionen schneller ausbreiten.
- Hundefutter: Auch Futterspenden für Tiere sind bei vielen Obdachlosen willkommen. Tiere sind oft die engsten Vertrauten, für die auf vieles verzichtet wird.
Nicht zuletzt freuen sich Obdachlose auch über einen freundlichen Blick und ein paar warme Worte. Wahrgenommen zu werden, tut gut – nicht nur in der kalten Jahreszeit.
Quellen: twitter/die_jenn, mdr
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