In England gab es einen handfesten Fernsehskandal: Ein Werbespot, der auf die Problematik von Palmöl hinweisen wollte, durfte nicht gesendet werden. Der Aufschrei war groß: Binnen weniger Tage unterzeichneten 690.000 Menschen eine Petition; die Organisation, die für die Genehmigung des Fernsehspots zuständig war, musste ihre Mitarbeiter vor Übergriffen in Schutz nehmen.
Was hat es mit diesem Palmöl auf sich, dass es die Menschen derart auf die Barrikaden treibt? Weshalb verzichten ganze Supermarktketten auf Palmölprodukte? Und warum steigt die Produktion dennoch ungehindert weiter? Im Folgenden findest du 5 Fakten über Palmöl, die zu denken geben. So viel sei aber schon einmal verraten: Einfache Antworten gibt es zu dem Thema nicht.
1.) Palmöl zerstört die Umwelt und den Lebensraum vieler Tiere
Rasend schnell breiten sich die Palmöl-Plantagen über die Inseln Indonesiens und Malaysias aus. Wie riesige Teppiche liegen sie mitten in den Regenwäldern: rechteckig und monoton. Währenddessen wabert ein gelber Nebel darüber hinweg – der Rauch brennender Wälder, die für weitere Anbauflächen gerodet werden.
Nicht nur die einmalige Artenvielfalt ist dadurch gefährdet. Innerhalb weniger Wochen entstehen auf diese Weise mehr Treibhausgase als in Deutschland in einem ganzen Jahr.
2.) Palmöl ist schlecht für die Gesundheit
Palmöl hat einen hohen Anteil gesättigter Fettsäuren – bei Palmkernöl liegt er sogar bei 80 %. Gerade die Palmitinsäure steht dabei in Verdacht, die Blutfette sowie den Cholesterinspiegel zu erhöhen.
Noch beunruhigender ist eine Studie, die zu dem Ergebnis kommt, dass Palmöl häufig mit krebserregenden Schadstoffen belastet ist. Allerdings fiel der Wert bei bekannten Palmölprodukten wie Nutella nur sehr gering aus, manche palmölfreien Produkte hatten hingegen eine auffällig hohe Belastung. Palmöl ist also nicht an sich krebserregend. Es kommt darauf an, wie schonend das Öl hergestellt wurde. Und hier scheint es bei Palmöl ziemlichen Nachholbedarf zu geben.
3.) Palmöl ist beliebt
Vor allem in Europa bläst den Herstellern von Palmölprodukten ein kalter Wind ins Gesicht. Gleichwohl halten die Hersteller am Palmöl fest: Es lässt sich nämlich leicht verarbeiten, es ist farb- und geschmacksneutral, lange haltbar und nicht zuletzt verfügt es bei Zimmertemperatur über die perfekte Konsistenz: nicht zu fest und nicht zu weich – eine Eigenschaft, für die sonst gehärtete Fette eingesetzt werden müssten.
Entscheidend ist aber, dass die Ölpalme ungemein produktiv ist: Eine durchschnittliche Plantage erzielt 3,7 Tonnen Palmöl pro Hektar. Aus einem Hektar Raps lassen sich gerade einmal 0,7 Tonnen Öl gewinnen. Dadurch wird Palmöl günstig, was dem steigenden Bedarf an pflanzlichen Fetten in Lebensmitteln, Kosmetik, Tierfutter und – mit über 40 % Anteil Spitzenreiter – Treibstoff entgegenkommt. Innerhalb weniger Jahre ist Palmöl zu einem der wichtigsten Rohstoffe der Welt geworden.
4.) Umweltschützer sind gegen Palmöl-Boykott
Trotz der schockierenden Folgen für Tier und Umwelt lehnen die meisten Umweltschützer einen Boykott von Palmöl ab. Würde man Palmöl durch andere Pflanzenfette ersetzen, müssten nämlich noch viel mehr Flächen gerodet werden. Viel wichtiger sei, dass sich die Bedingungen verbessern, unter denen Palmöl produziert wird, meint daher Erik Meijaard von der Weltnaturschutzunion IUCN. Dafür setzen sich zahlreiche Organisationen mit der Vergabe von Zertifikaten ein. Zwar kommt es bei diesen Zertifikaten immer wieder zu Verstößen – würden die Kunden jedoch ganz auf solche Produkte verzichten, hätten die Umweltverbände gar kein Druckmittel mehr in der Hand.
Die oft gescholtene Marke Nutella setzt übrigens seit 2013 ausschließlich zertifiziertes Palmöl ein und wird dafür von Greenpeace ebenso wie vom WWF ausdrücklich gelobt. Reines „Greenwashing“ findet hingegen die Aktion ‚Rettet den Regenwald‘.
5.) Jeder Verbraucher kann etwas tun
Der bewusste Kauf von Produkten, die ein Nachhaltigkeitszertifikat besitzen, ist immerhin ein Zeichen an die Hersteller, mehr auf die Bedingungen ihrer Palmöl-Plantagen zu achten. Damit bleibt aber noch das Grundproblem offen: der ungebremst steigende Bedarf an pflanzlichen Fetten. Der Verweis darauf, dass dessen Löwenanteil in Asien liege, hilft da wenig. Deren Argument lautet nämlich, die Europäer hätten ihre Urwälder vor 150 Jahren abgeholzt und davon profitiert, jetzt seien sie an der Reihe. Statt sich gegenseitig den Schwarzen Peter zuzuschieben, wird daher von manchen vorgeschlagen, dass jeder sich selbst fragen solle, was er ändern kann: Häufiger mit dem Fahrrad zu fahren, wäre zum Beispiel ein erster Schritt. Auf unnötige Massen an Tages- und Nachtcremes zu verzichten und statt Tiefkühlkost lieber öfter selbst zu kochen, ein weiterer. Das täte auch der Gesundheit gut.
In jedem 2. Supermarktprodukt steckt Palmöl. Da ist es wichtig, wenn man wenigstens die wichtigsten Fakten über diesen Rohstoff kennt. Nichtsdestotrotz bleibt die Sachlage kompliziert. Wie stehst du zu diesem Thema: Keine Palmölprodukte mehr kaufen und lieber Diesel statt Bio-Diesel tanken? Die Konsumgewohnheiten umstellen? Oder siehst du die Verantwortung eher bei den Ländern, in denen die Palmöl-Plantagen stehen?